Sinnema auf der Republica 2018 – über den Klimawandel in der digitalen Welt

Vom 2. bis 4. Mai trafen sich dieses Jahr wieder das Who is Who der Digitalen Szene in der Station in Berlin. Sinnema war diesmal auch am Start. Mit einem Pitch zu unserem aktuellen VR-Projekt “The Matriarx”. Warum die Republica so ein riesiges Event geworden ist und warum wir digitale Opfer sind, erklärt Nora The Explorer.

Gemeinsam einsam: Homeoffice auf der #rp18
Ich laufe durch den Eingang der Station Berlin, um mir meine Speaker-Akkreditierung abzuholen. Es ist 09:55 Uhr, um 10 Uhr öffnen die Tore zum heiligen digitalen Land. Um mich herum geschniegelte Hipster und IT-Starlets, die die neuesten Technik-Gadgets wie Uniformen um ihre Körper schnallen. Selfie-Sticks, IPhone X und 360°Cams – ich fühle mich wie ein Nokia 5110 im Apple Store an der Friedrichstraße. Genau, ziemlich fehl am Platz und unsexy. Es ist nicht nur die Masse an Menschen, die mich ein wenig lähmt, vielmehr irritiert mich das passive, fast asoziale Verhalten der Rebulicaner*innen: alle scheinen so mit sich selbst und ihrer externen Kommunikation via sozialen Medien beschäftigt zu sein, dass das Umfeld kaum wahrgenommen wird. Die virtuelle Isolation scheint zu funktionieren, denn die mediale Aufmerksamkeit für die Republica ist riesig.

In der Mittagspause setze ich mich draußen in die Sonne in die Networking-Area. Es ist laut, weil der DJ am Foodtruck offensichtlich auf seinen Reglern ausgerutscht ist. Neben mir sitzt eine Frau auf der Bierbank, ich sitze mit dem Rücken zu ihr. Wir sind alleine. Ich höre, wie sie etwas sagt und drehe mich zu ihr herüber. Offensichtlich hat sie mich etwas gefragt, denke ich. Welch ein fataler Irrtum! Tatsächlich war sie gerade dabei, eine Story für Snapchat aufzunehmen, die ich nun zerstört habe. Genervt blickt sie mich an und rückt noch ein Stück weiter von mir weg. Die Message war wohl nur für ihre Follower bestimmt, denn die bezahlen schließlich mit Likes und Engagement.

Die digitalen Nomaden verlegen das Office in die Station Berlin. Zwischen Workshop, Meetup und VR-Corner werden hektisch die neuesten Experiences mit den passenden Hashtags getweeted, geposted und auf Snapchat gestellt. Für soziale Interaktion mit den realen Menschen vor Ort bleibt da kaum Zeit. Digital retard, statt digital nomad.

Vom Nerd-Treffen zur Influencer-Netzparty
Die Digitalkonferenz Republica fand bereits zum 12. Mal statt. Beim ersten mal in der Kalkscheune war das Publikum noch überschaulich. Gerade am Anfang waren viele Nerds, wie Programmierer vor Ort, um ein wenig Netzpolitik zu betreiben. Vor 12 jahren gab es noch kein Facebook. Da hing man noch bei Myspace, StudiVZ und Co. ab. Die Themen der Republica sind mittlerweile ziemlich breit gefächert, so dass es viele Leute anspricht. Heute ist die Republica riesig. Ein Schaulaufen für digitale Hipster. Hier ein Lab, Think Tank, Working Space und Chill-Networking-Area. Und natürlich gab es ein Bällebad für die zwei Kinder, die sich auf das Gelände der Station verirrt haben.

POP ist das diesjährige Thema der Republica. POP, das steht für POPularität, POPulismus und Power Of People. Das Wort lässt viel Spielraum für Interpretation. Neben dem Einzug der AFD in den Bundestag und der aktuellen Flüchtlingsproblematik, ist die Liste der Themen lang. Besonderen Fokus haben die Veranstalter allerdings auf das “Internet für alle”, sprich soziale Technik und die humanitäre Seite vom Web 2.0. gelegt. Die Message, die sich auch durch das diesjährige Programm zieht, ist allerdings klar: Beware the data privacy and save the planet with digitalization!

The Matriarx – Ein VR-Projekt von Sinnema
Spannend war für mich das große VR-Angebot. An fast jeder Ecke gab es einen Stand mit VR-Kit und interessanten Games, Simulationen und VR-Kinofilmen. Auch wenn der Andrang groß war, hat sich das Warten umso mehr gelohnt. Am Nachmittag hat Sinnema dann selber ein eigenes VR Projekt vorgestellt, gefördert vom Medienboard Berlin Brandenburg. Inspiriert von der Recherche für unseren aktuellen Dokumentarfilm in Juchitan, einem Ort in Mexiko der nach matriarchalen Strukturen läuft, entwickelt Sinnema die Idee für eine neuartige VR Erfahrung:

Stellt euch eine Welt vor, in der das Miteinander vorrangig von Frauen geprägt ist…
in der die Wirtschaft sozial ausgerichtet ist..
in der Familie anders gelebt wird…

An dem VR Projekt „The MATRIARX“ erfahren und erleben wir, wie das sein könnte, in einem parallelen Berlin, in einer parallelen VR Welt. Dabei wird eine Welt erzählt, in der es selbstverständlich ist, dass Frauen Wege auf ihre Arten und Weisen gehen. Im Mittelpunkt steht die Erfahrung. Für jeden. Egal ob weibliche oder männlicher UserInnen.
Das Projekt steht am Beginn seiner Entwicklung. Die Expertinnen vor Ort, die allen Projekten direkt nach dem Pitch ein Feedback gegeben haben, waren überzeugt, dass Sinnema da ein spannendes Projekt in der Mache hat und es neugierig auf mehr macht. Wir berichten weiter von der Entwicklung des Projektes. In einem Jahr auf der Republica 2019 wird es dann präsentiert. Ihr dürft gespannt sein. Und wir fleißig.

 
In welcher Gesellschaft wollen wir leben?
In Zeiten von Big Data und nach dem neuesten Facebook-Skandal um Cambridge Analytica, müssen wir uns immer mehr fragen, wem wir unsere Informationen im Internet preisgeben wollen. Google, Amazon, Facebook und Apple sind Monopole in den USA – sie steuern Menschen kybernetisch und können deren Bedürfnisse manipulieren. Dieses Problem wurde von zahlreichen Speakern aufgegriffen. Der Philosoph Richard David Precht sagt: “Was wir jetzt brauchen, ist eine Debatte darüber, in was für einer Gesellschaft wir eigentlich leben wollen”. In seinem neuen Buch “Jäger, Hirten Kritiker: eine Utopie für die digitale Gesellschaft” skizziert Precht das Bilder einer wünschenswerten Zukunft im digitalen Zeitalter.  Für Precht enthält es die Chance, in Zukunft erfüllter und selbstbestimmter zu leben. Doch dafür müssen wir jetzt die Weichen stellen und unser Gesellschaftssystem konsequent verändern. Denn zu arbeiten, etwas zu gestalten, sich selbst zu verwirklichen, liegt in der Natur des Menschen. Von neun bis fünf in einem Büro zu sitzen und dafür Lohn zu bekommen nicht!

Foto: Uwe Völkner

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